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  • AutorenbildNadia

Das liebe Kind

Vor ein paar Tagen ging ich meinen Sohn von der KITA abholen. Gleichzeitig kam eine andere Mama und holte ihren kleinen Sohn ab. Das erste was sie in gefragt hat war:

«Warst du auch ganz lieb?»

Der Kleine antwortete «ja, Mama». Sie wiederum erwiderte «ganz sicher? Ich kann auch die Leute von der KITA fragen, die würden mir sagen ob du wirklich lieb warst oder nicht»…

Mir zog sich der Magen zusammen.

Ja… lieb sein… auch ich habe es lange und immer wieder versucht ganz lieb und angepasst zu sein. Ja nicht auffallen, nicht anecken, einfach so sein wie man mich gerne hätte, damit man mich auch liebhat.

Mir wurde es schwer im Herzen. Armes Kind und arme Mama… Wie schwer und anstrengend kann es doch sein ständig lieb sein zu müssen.

Wie erwähnt, versuchte ich es immer wieder, oft gelang es mir, oft aber auch nicht. Wenn es nicht funktionierte fühlte ich mich schlecht und da kamen mächtige Zweifel in mir auf. Ich bin einfach nicht fähig, nicht ganz normal, undankbar, unzufrieden… blabla…

Warum hat uns das Leben eigentlich Gefühle und Emotionen gegeben, wenn wir sie nicht haben dürfen? Wer sagt denn das sie nicht okay sind? Was passiert, wenn sie einfach da sind?

Warum darf nicht einfach geweint werden ohne dass man gleich wieder lachen muss? Warum darf man nicht wütend oder schlecht gelaunt sein? Warum darf man nicht sagen «du nervst mich jetzt» oder ganz einfach «nö, hab jetzt keine Lust auf dich? »

Wer um Himmels Willen ist auf die Idee gekommen immer lieb sein zu müssen?

Niemand.

So funktioniert der Mensch. Viele auf jeden Fall.

Nicht auffallen, nicht anecken, nicht zeigen was gerade die Wahrheit ist. Niemand darf verletzt werden.

In Wahrheit darf niemand mit sich selbst konfrontiert werden.

Ja…. Und so wird ein künstlicher Schleier über die Realität gelegt.

Da kommt eine Erinnerung hoch… Vor einigen Jahren war ich an einem Seminar. Vieles wurde in mir währen dem Seminar ausgelöst. Nach dem Mittagessen begann es einfach zu weinen, unendlich viel zu weinen. Eine Person wollte mich trösten, doch ich lehnte ab.

Dann durfte ich dasitzen und weinen. Die Seminarleiter gesellten sich dazu. Sie und die anderen Teilnehmer sassen einfach da, ganz still, ohne etwas zu sagen, während ich einfach vor mich hin schluchzte. Zu diesem traurigen Gefühl gesellte sich Dankbarkeit. Dankbarkeit, weil es einfach sein durfte. Weil der Traurigkeit einfach Raum gegeben wurde. Niemand da der sagte, lache, wird schon wieder, alles gut…

Nichts davon. Einfach Weinen... und es war unglaublich befreiend.

Nach einer Weile ging der Kurs weiter. Ohne dass man etwas hätte müssen thematisieren müssen.

Wunderbar befreiende Erfahrung. Einfach sein und zeigen dürfen, was gerade ist.

Und das Leben geht wieder weiter.


Geschrieben im Jahr 2019

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